Blog. Tipps und Aktuelles aus der psychologischen Praxis.

In den folgenden Beiträgen habe ich für Sie psychologische Tipps und Anregungen aus der psychologischen Praxis zusammengestellt. Viel Vergnügen beim Ausprobieren und Genießen!

Donnerstag, 07.10.2021   I   Das kleine Wörtchen Nein…!   I   Kategorie: ICH für MICH

Nein-sagen, Selbstwert, Psychologin Graz, Psychologische Therapie, Julia Maier, Psychologin

Einfach nein?

Kennen Sie das auch? „Ja“ gesagt und eigentlich „Nein“ gemeint? Ganz so einfach ist das mit dem „Nein“ für viele nicht. Es bringt für viele unter uns nämlich schon eine ganz schön emotionale Wucht mit…

Meiner Erfahrung nach gibt es viele Gründe, warum wir uns nicht trauen „Nein“ zu sagen. Sorgen, Ängste, Zweifel… wie mag die andere Person reagieren? Und wie gehts mir dann damit? Bin ich egoistisch? Darf ich das überhaupt sein? Mag man mich dann nicht mehr? Werde ich dann gar nicht mehr eingeladen? … das und noch vieles mehr an Gedanken kann uns in solchen Situationen durch den Kopf gehen.

Wann waren Sie denn das letzte Mal mutig und haben „Nein“ gesagt? Vielleicht leise, zögerlich und kaum verständlich… oder herzhaft und mit Ausrufezeichen? 

„Nein, das möchte ich gerade nicht.“
„Nein, dafür habe ich keine Zeit“.
„Nein, das ist sehr verlockend, aber das schaffe ich im Moment nicht.“
„Nein, ich würde dir wirklich gerne helfen, aber das ist mir gerade zu viel. Vielleicht ein anderes Mal!“  
„Nein, das ist mir gerade zu viel. Ich brauche jetzt erst mal Zeit für mich.“

Wenn es uns gelingt unsere eigenen Bedürfnisse zu erkennen, wir aber Schwierigkeiten haben diese dann auch durchzusetzen… dann laufen Dinge leider oft anders, als wir das eigentlich wollen. Daher lohnt es sich meiner Erfahrung nach durchaus, für sich einzustehen, Grenzen aufzuzeigen und dann auch mal „Nein“ zu sagen.

Folgende Tipps können Ihnen helfen, wenn Sie Schwierigkeiten haben, Vorschläge, Einladen oder Aufforderungen abzulehnen: 

Gönnen Sie sich Zeit zum Nachdenken!

Sie dürfen sich Zeit für Ihre Entscheidung nehmen. Ja, Sie müssen nicht auf alles sofort antworten! Trotz grüner Hackerln, dürfen Sie sich die Erlaubnis geben, auf Nachrichten erst später zu antworten. In direkten Gesprächssituationen kann das vielleicht zu Beginn etwas schwieriger sein. Gerade wenn Sie noch nicht so viel Erfahrung damit haben, sich Bedenkzeit von anderen zu erbitten. Hier können Sie versuchen – bis Sie über ein bisschen mehr Routine verfügen – Unterbrecher reinzubringen (Wasser holen, lüften, Stift fallen lassen, aufs WC gehen… seinen Sie da ruhig kreativ). 

Wenn Sie sich diesen Freiraum geschaffen haben, überlegen Sie sich, warum es genau geht? Welchen Aufwand bedeutet die Angelegenheit für Sie? Möchten/können Sie diesen Aufwand betreiben? Müssen Sie deswegen etwas zurückstellen und auf etwas verzichten? … wenn Sie dann feststellen, dass es Ihnen eigentlich zu viel ist, erlauben Sie sich „Nein“ zu sagen und sagen Sie „Ja“ zu sich!

Finden Sie Gründe, warum Ihnen das Nein-Sagen so schwerfällt!

Welche emotionalen oder rationalen Gründe stecken dahinter? Begeben Sie sich auf Ursachensuche! 

Vielleicht gibt es ja auch objektiv einen sehr guten Grund, nicht „Nein“ zu sagen? Besteht die realistische Gefahr, dass Sie zum Beispiel Ihren Job verlieren?

Oder stecken eher emotionale Gründe dahinter? Angst vor Ablehnung etwa? Also die Befürchtung, dass Sie gar nicht mehr gemocht werden, wenn Sie absagen? (Welche Freundschaft hängt davon ab, dass Sie immer „Ja“ sagen?) Oder Schuldgefühle? An Ihnen nagt das schlechte Gewissen, weil Sie Ihrer Freundin dieses Mal nicht helfen können und Sie sie nicht hängen lassen möchten. (Das bedeutet ja nicht, dass Sie sie generell im Stich lassen). Oder Angst etwas zu verpassen? Sagen Sie nur deswegen zu? Oder ist es Ihnen eigentlich zu viel und es wäre dieses Mal wirklich wichtiger, zur Ruhe zu kommen und Zeit für sich zu genießen?

Geben Sie sich die Erlaubnis, „Nein“ zu sagen!

Niemand kann sich 24 Stunden und 7 Tage in der Woche um alles kümmern. Sie müssen sich deswegen nicht schuldig oder schlecht fühlen. Glauben Sie mir, wirklich niemand kann das!!

Seien Sie freundlich, wenn Sie „Nein“ sagen!

Sie müssen sich für Ihr „Nein“ nicht rechtfertigen – aber Sie dürfen Ihr „Nein“ natürlich begründen. Vielleicht machen Sie auch selbst einen Vorschlag, wie Sie alternativ unterstützen möchten. Oder Sie bieten Ihre Unterstützung zu einem anderen Zeitpunkt an, wenn es gerade jetzt nicht passt.

Und das Wichtigste: Seien Sie geduldig mit sich selbst!

Beginnen Sie im Kleinen und arbeiten Sie sich vor. Sammeln Sie Erfahrungen mit dem Nein-Sagen. Immer und immer wieder. Und seien Sie nachsichtig mit sich, wenn Sie doch mal „Ja“ sagen und eigentlich „Nein“ meinen… Sie können ja das nächste Mal dann wieder „Nein“ sagen.

Achten Sie in nächster Zeit darauf, wann Sie „Ja“ sagen und eigentlich „Nein“ meinen. 
 
… und dann beginnen Sie langsam das eine oder andere „Nein“ in Ihren Alltag zu bringen!
 

 

Ihre Julia Maier

07.10.2021   I   Kategorie: ICH für MICH   I   Blogübersicht

 

Mag.a Julia Maier
Klinische Psychologin und Gesundheitspsychologin
Grabenstraße 45   I   8010 Graz Geidorf
praxis(at)juliamaier.at
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